Feuer ist in der Bibel ein Bild für die Wut und auch für das Gericht, in dem weggebrannt wird, was zu Gottes heiligem Wesen nicht passt. Daran muss ich bei dem Titelbild zuerst denken, und zwar im Blick auf die Studie zur sexualisierten Gewalt in der evangelischen Kirche (Weiteres dazu S.20-21). Da ist Zorn auf die Täter und auf die, die sie geschützt und Taten vertuscht haben, so dass den Opfern noch mehr Leid zugefügt wurde. Es ist eine bittere Erkenntnis, dass der Missbrauch von Kindern durch Pfarrer und andere kirchliche Mitarbeiter ein so großes Ausmaß haben.

 

Mir war zwar klar, dass wir nicht die besseren Menschen und auch nicht die bessere Kirche sind. Trotzdem habe ich die Dimensionen nicht geahnt. Ich hatte in meiner Jugendzeit von einem Fall gehört: In einer Nachbargemeinde sind die Pfarrerskinder missbraucht worden von ihrem Onkel, der auch Pfarrer war. Weil das so ungeheuerlich war, habe ich unwillkürlich gedacht: das ist die absolute Ausnahme. Ich hätte aber auch denken können: wenn alle aus ihrem Umfeld auch nur einen Fall kennen, dann summiert sich das zu einer schrecklich hohen Zahl.

 

Es ist auf jeden Fall gut, und es war höchste Zeit, dass unsere Kirche diese Studie in Auftrag gegeben hat und sie von einem unabhängigen Forscherteam gemacht wurde. Es ist schlimm, dass lange Zeit versucht wurde, die Taten zu vertuschen, angeblich um die Kirche nicht zu verletzen. Die Kirche wird nicht dadurch verletzt, dass jemand solche Themen anspricht, sondern die Verletzung besteht in der sexualisierten Gewalt. Paulus gebraucht das Bild von der Gemeinde als einer Gemeinschaft, die wie ein Körper aus vielen Körperteilen besteht. Wenn ein Teil leidet, dann leidet der ganze Körper mit. Die Kirche muss alles tun, um den Opfern beizustehen. Durch Aufklärung und vorbeugende Maßnahmen wird es hoffentlich in Zukunft weniger Straftaten geben, die einen so unermesslichen Schaden in den Seelen anrichten.

 

Gewählt hatten wir das Titelbild eigentlich im Blick auf Ostern. Das Osterfeuer hat eine lange Tradition.  In einem Briefwechsel zwischen dem Missionar Bonifatius und Papst Zacharias aus dem Jahr 751 wird ein Brauch beschrieben, der als ‚ignis pachalis‘ (Passahfeuer) bezeichnet wird. Passah (auch Pessach) ist eines der wichtigsten Feste im Judentum und findet traditionell im Frühjahr statt. Auch heute noch gibt es teilweise Passahfeuer, zum Beispiel um die gesäuerten Lebensmittel zu verbrennen, die während des Passah-Festes verboten sind. Papst Zacharias hatte zwar damals diesen Brauch des Passahfeuers abgelehnt, aber man geht davon aus, dass es sich als Osterfeuer dennoch seit dieser Zeit in der Kirche verbreitet hat.

 

Zum Beginn der Liturgie der Osternacht wird in vielen Gemeinden ein Osterfeuer entfacht. Nachdem sich die Gemeinde um das Osterfeuer versammelt hat, entzündet der Pfarrer am Feuer die Osterkerze, die als Licht in die dunkle Kirche getragen wird. Die brennende Kerze versinnbildlicht dabei Christus als Licht der Welt. Wie einst die Israeliten der Feuersäule durch die Wüste folgten, so folgen die Gläubigen Jesus Christus auf dem Weg vom Tod zum Leben.

 

Auch wenn wir kein Osterfeuer vor der Kirche entzünden, erleuchtet die Osterkerze auch in unserer Osternacht die dunkle Kirche. Das Osterfeuer gibt es dann extra als gesellige Veranstaltung in Bonbaden und das ist auch ein schöner Treffpunkt!

 

Eine lichtvolle Osterzeit wünscht Ihnen

 

 

 


Ihr wisst ja, welche Gnade uns unser Herr Jesus Christus erwiesen hat: Obwohl er reich war, wurde er arm für euch. Denn durch seine Armut sollt ihr reich werden.                  2. Kor 8, 9

 

 

Liebes Gemeindeglied,

 

so bringt Paulus das Wunder von Weihnachten auf den Punkt. Jesus Christus hat seine himmlische Heimat verlassen und wurde arm für uns,  das heißt auch: heimatlos. Es fängt schon bei der Geburt in Bethlehem an: Sie hatten keinen Raum in der Herberge (Lukas 2,7). Alles voll, keinen Platz. Wir kennen das.  Für die Betroffenen eine große Not. Dann die Flucht nach Ägypten. Herodes verübt ein grauenhaftes Massaker. Josef und Maria können mit ihrem Kind entkommen. Die Weihnachtsgeschichte ist nicht idyllisch, sondern mittendrin im Weltgeschehen. Wie gerne würden heute palästinensische Familien mit ihren Kindern aus Gaza nach Ägypten fliehen, aber die Grenze ist dicht.

 

Als Erwachsener sagt Jesus: Die Füchse haben ihren Bau, und die Vögel haben ihr Nest. Aber der Menschensohn hat keinen Ort, an dem er sich ausruhen kann (Matthäus 8,20). Der Sohn Gottes verlässt die himmlische Heimat und wird ein heimatloser Mensch, um unseretwillen, um uns heimatlosen Menschen nahe zu sein, um ganz an unserer Seite zu sein.

 

Das heißt für mich erstens: Wenn ich geflüchteten Menschen gegenüber eine ablehnende Haltung hätte, würde ich auch Jesus ablehnen. Ich will darum den mir noch fremden Menschen mit Offenheit begegnen. Wenn ich sie nicht gastfreundlich, sondern feindselig empfange, wie soll es dann überhaupt möglich sein, gute Erfahrungen miteinander zu machen? Dass es auch schlechte Erfahrungen gibt, ist mir auch klar. Ohne eine gastfreundliche Einstellung kann mir passieren, was Jesus sagt: Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich nicht aufgenommen. (Matthäus 25,43).

 

Jesus wird für uns ein heimatloser Mensch. Das heißt für mich zweitens: Ich empfange seine Gnade nur, wenn ich meine eigene Heimatlosigkeit erkenne. Ich bin auf einer Wanderschaft durchs Leben und bin noch nicht angekommen. Die irdischen Dinge werde ich hinter mir lassen. Was ich hier habe an Besitz und Zuhause, ist nichts Festes und Bleibendes. Es ist lediglich eine Gabe Gottes auf Zeit. Dass wir durch Jesu Armut reich werden, bedeutet: Jesus hat die himmlische Heimat verlassen, um uns den Weg in die himmlische Heimat zu öffnen. Heimat ist im Glauben an Jesus Christus nicht nur Herkunft, sondern vor allem Ziel. Das schenkt eine ganz andere Lebensperspektive: Wir müssen nicht in einer Weltuntergangsstimmung verzweifelt Besitz und Heimat festhalten und um sie kämpfen, sondern es ist Advent (=Ankunft): unserer Heimat kommt aus der Zukunft zu uns. Das Reich Gottes ist im Kommen. Wir können mit großer Zuversicht darauf zugehen und so manche Schwierigkeiten hier gelassener nehmen. So wünsche ich Ihnen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit,

Reinhard Vollmer

 

 

 


„Was wäre gut, noch zu lernen angesichts der kommenden Herausforderungen? Was für Entscheidungen sind dran?“ So fragte unsere ältere Tochter. Sie dachte an das Klima-Desaster, dessen erste Vorboten wir erleben. Wir werden in Zukunft mit noch mehr Dürren, Waldbränden, Wassernotständen, Überflutungen und Ausfällen von Infrastruktur zurechtkommen müssen. Noch mehr Menschen werden auf der Flucht sein. Unser Wohlstand ist gefährdet, die Verteilungskämpfe nehmen zu. Das gesellschaftliche Klima ist jetzt schon rauer geworden. Die neuen Medien haben zwar faszinierende Möglichkeiten, aber zugleich befördern sie eine Verrohrung und Verdummung und machen uns immer abhängiger.

 

Was wäre da gut zu lernen, um gewappnet zu sein? Ganz praktisch, sagte mein Schwiegervater, ist es gut, wenn man sich handwerklich zu helfen weiß, Dinge reparieren kann. Wissen die zehnjährigen Kinder, was ein Dübel ist und wie man etwas an der Wand anbringt? Es ist gut, wenn Sie Ihre Kinder bzw. Enkel an die Hand nehmen und praktische Fertigkeiten vermitteln. Um lebenstauglich und belastbar („resilient“, wie das Modewort heute heißt) zu sein, muss man mit anderen Dingen als nur mit dem Handy umgehen können. Hilfreich ist zum Beispiel zu wissen, wie man selber Kartoffeln und Gemüse anbaut. Sie haben viel weiterzugeben! Es ist gut, das aktiv anzugehen und nicht zu warten, bis die Kinder fragen. Mir persönlich tut es leid, dass ich von meinem Vater, der vom Bauernhof kam, so wenig über den Anbau gelernt habe.

 

Neben den praktischen Fertigkeiten geht es um die innere Einstellung. Inspirierend fand ich die Äußerung der russischen Dissidentin Maria Ponomarenko. Ihre letzten Worte vor Gericht: „Keine Frage, bis 2020 lebte ich sehr gut… Warum fing ich an, mich gesellschaftlich zu engagieren? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Geld nicht das Wichtigste ist. Es gibt auch anderes - das, was du in deiner Seele hast. Was bleibt von mir? Nur meine Seele. Und wenn in dieser Seele nur die Gier nach Profit ist, das Verlangen, die Kinder materiell abzusichern - ja, was bleibt dann von mir? Ich will mich nicht schämen, ich will nicht, dass meine Kinder sich schämen…“ Die Mutter zweier Kinder wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt und sitzt nun in einem Straflager. Was für ein mutiger Schritt, um die Seele nicht zu verraten. Die Seele ist unser Empfangsorgan für Gottes Anspruch und Zuspruch. In der Verbindung der Seele mit Gott haben wir ein Gespür für das, was recht ist im Verhältnis zu Gott und zu unseren Mitmenschen. Wenn wir andere über‘s Ohr hauen und belügen, dann schaden wir auch unserer Seele, und wir schaden unserer Beziehung zu Gott. Wir werden innerlich hart. 

 

Ich vermute, diese Härte wird zunehmen in einer Gesellschaft, die mit materiellen Einbußen zurechtkommen muss. Die Bereitschaft zu teilen und barmherzig zu sein, wird mehr und mehr auf die Probe gestellt. Wir werden uns als Christen sehr entschieden dafür einsetzen müssen, dass Menschlichkeit wichtiger ist als Wohlstandswahrung. Das werden wir nur vertreten können, wenn wir unser Herz mehr an die Liebe Gottes hängen als an den Wohlstand. Dass Jesus Christus uns Frieden mit Gott schenkt - diese Zufriedenheit macht uns wirklich belastbar und widerstandfähig in schwierigen Zeiten. Wer auf seinen Reichtum vertraut, wird fallen; aber die Gerechten sind wie grüne Blätter, die nicht fallen (Sprüche 11,28). So wünsche ich uns „gründe Blätter“ auch im Herbst, der vor uns liegt!

 

 

 


Schwäne haben mich schon als Kind fasziniert. Hinter unserem Haus floss ein kleiner Fluss, die Ahse. Da lebten auch Schwäne. Wenn sie mit ihren zehn Jungen kamen, die wie an einer Perlenkette aufgereiht hintereinander herschwammen, war das ein entzückender Anblick! Man musste aber auch aufpassen, wenn der Schwanenvater drohte und seine Flügel ausbreitete und fauchte. Eine majestätische Erscheinung. Imposant auch das strahlende Weiß! Ist es nicht erstaunlich, dass es in der Natur solche ganz weißen Tiere gibt?! Deswegen wurde der Schwan schon früh zum Symbol des Lichtes und der Reinheit. Und anmutig sieht er aus mit seinem langen Hals!

Auf dem Titelbild neigen die beiden Schwäne einander die Köpfe zu, so dass sie ein Herz bilden. Ein Zeichen der Liebe. Es passt dazu, dass Schwäne sich für das ganze Leben an ihren Partner binden. So sind sie auch ein Symbol für die Treue der ehelichen Liebe. Das Wort Treue ist mit „trauen“ verwandt. Immer wieder erlebe ich Paare, die 50, 60 oder sogar 70 Jahre zusammengehalten haben. Es berührt mich zu erleben, wie Ehepartner ein tiefes Vertrauen zueinander haben und wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können. Gerade weil sie auch kritische Zeiten und gegenseitige Verletzungen überstanden haben. „Die Liebe vollendet sich in der Vergebung“, schrieb Antoine de Saint-Exupéry. Es ist ein wunderbares Geschenk, wenn man im Alter auf eine lange gemeinsame Geschichte zurückblicken kann und einander unterstützt.

Das christliche Ideal der Monogamie (Einehe) wird aber zunehmend infrage gestellt. Tatsächlich versteht es sich nicht von selbst. Die Monogamie entsprang weder der jüdischen noch der hinduistischen oder buddhistischen oder islamischen Ehevorstellung, sondern ist eine kulturelle Errungenschaft des christlichen Glaubens. Ich bin überzeugt, dass die Treue Gottes, die sich in Jesus Christus verkörpert, die Grundlage für menschliche Treue ist. „Gott ist die Liebe“ (1. Joh. 4,7), heißt es in der Bibel. Was Liebe in ihrer Tiefe ausmacht, lernen wir in der Beziehung zu Gott. Wo Treue = Vertrauen = Verlässlichkeit ist, da braucht es keine Kontrolle. Treue schenkt einen Raum der Freiheit. Bei dem Titelbild umschließen die Köpfe einen Raum. Wenn zwei sich aufeinander verlassen können, entsteht ein Spielraum, indem sehr viel mehr möglich ist als bei einem allein. So kann die partnerschaftliche Liebe wie eine Kraftzelle sein, die Liebe weiter verströmt. „Liebe ist das einzige, was wächst, in dem wir es verschwenden.“ (Ricarda Huch). Wir erleben heute so viel Neid, Missgunst, Gleichgültigkeit, Hartherzigkeit und Ungerechtigkeit. Mir „schwant“, dass wir sehr viel verwandelnde Kraft der Liebe brauchen. Durch Jesus haben wir Zugang zur Fülle der Liebe Gottes! Möge diese Liebe Sie durch die Sommermonate beflügeln!

Ihr Pfarrer Reinhard Vollmer

 


Kann der Krieg in der Ukraine in diesem Jahr beendet werden? Und wie könnte ein solches Ende aussehen? Wie wird sich die ökologische Katastrophe auswirken: das Artensterben, der Klimakollaps? Wie geht es weiter für die Überlebenden des Erdbebens und was wird uns noch an Naturkatastrophen erwarten? Trotz aller wissenschaftlichen Berechnungen können wir nicht wirklich vorhersagen, wie unser Leben und das Leben unserer Kinder in der Zukunft aussehen wird.

Die vor uns liegende Geschichte ist wie „ein Buch mit sieben Siegeln“, wie es sprichwörtlich heißt. Wir können nicht hineingucken. Die Redensart kommt aus der Bibel. Man findet sie in der Offenbarung des Johannes 5,1. Der auf der Insel Patmos gefangene Johannes hat eine Vision von der himmlischen Welt:  In der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß, sah ich ein Buch. Es war innen und außen beschrieben und war mit sieben Siegeln verschlossen. Das Buch steht für das, was Gott mit seiner Welt will. Er hat vor, dass er das, was er mit der Menschheit und der Schöpfung begonnen hat, zu einem guten Ziel führt. Das Buch müsste aufgeschlagen und umgesetzt werden. Es müsste ein neues Kapitel in der Weltgeschichte aufgeschlagen werden, damit der heilvolle Plan Gottes auch Wirklichkeit wird.

Und ich sah einen mächtigen Engel. Er rief mit lauter Stimme: »Wer ist würdig, dieses Buch zu öffnen und seine Siegel aufzubrechen?«  Doch niemand war in der Lage, das Buch zu öffnen und hineinzuschauen – weder im Himmel noch auf der Erde noch unter der Erde. Und ich weinte sehr. Denn es fand sich niemand, der würdig war, das Buch zu öffnen und hineinzuschauen. (Offb. 5,2-4). Es ist zum Heulen, weil niemand in Sicht ist, der der Geschichte eine Wende zum Guten geben könnte. Welche politische Macht hätte heute denn auch die moralische Autorität, dass man ihr zutraute, eine neue, gerechte friedliche Weltordnung durchzusetzen? Es gibt niemanden, der dazu glaubwürdig wäre. Kann es dann nur in der Katastrophe enden?

Ich weinte sehr. Da sagte einer von den Ältesten zu mir: »Weine nicht! Der Löwe aus dem Stamm Juda, der Spross aus der Wurzel Davids, hat den Sieg errungen. Er kann das Buch und seine sieben Siegel öffnen.« (Offb. 5,5). Der Löwe aus dem Stamm Juda ist ein Bild (aus 1 Mose 49,9) für den messianischen König, der die Welt retten kann. Wo gibt es denn diesen mächtigen Retter? Johannes schaut sich um. Was sieht er? Da sah ich ein Lamm… Das Lamm ging zu dem, der auf dem Thron saß. Und es nahm das Buch aus seiner rechten Hand. (Offb. 5,6-7). Das geschlachtete Lamm ist genau das Gegenteil eines starken, siegreichen Helden, eines Löwen. Ein Lamm ist schutz- und wehrlos. Es ist im Alten Testament ein Tier, das als Opfergabe genommen wurde. Das Lamm ist in dieser Vision Jesus, der wie ein unschuldiges, wehrloses Opfer hingerichtet wurde.

Johannes schaut, wie alle himmlischen Wesen das Lamm verehren. Und sie sangen ein neues Lied: »Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen. Denn du wurdest geschlachtet und hast mit deinem Blut die Menschen für Gott freigekauft – Menschen aus allen Stämmen, Völkern und Nationen und mit allen Sprachen. (Offb. 5,9). „Mit deinem Blut“ meint nicht Blut als magisches Mittel, sondern bezieht sich darauf, dass Jesus dem gewaltsamen Tod (dem „Blutver-gießen“) nicht ausgewichen ist. Vielmehr hat er sich in seiner Liebe zu uns Menschen hingegeben, und zwar in seiner Liebe unterschiedslos für „Menschen aus allen Stämmen, Völkern und Nationen“. Daran denken wir an Karfreitag. Jesus hat sein unschuldiges Leben eingesetzt; und wirklich ganz schuldlos war einzig sein Leben. Gott hat seinen Lebenseinsatz gewürdigt: das ist eine Liebe, die nicht durch den Tod zunichte gemacht wird, sondern umgekehrt: diese Liebe macht den Tod zunichte. Gott hat Jesus zum ewigen Leben erweckt und Jesus gibt denen, die auf ihn vertrauen, Anteil an seinem Leben: Du hast ihnen Anteil am Reich Gottes gegeben und sie zu Priestern gemacht. (Offb. 5,10). Wir feiern diesen Sieg an Ostern.

Johannes schaut dann, wie das Lamm beginnt, das Buch mit den sieben Siegeln zu öffnen. Und er schaut in Bildern, was dann passiert: es ist kein schneller, einfacher Sieg des Guten. im Gegenteil: viel Krieg und Naturkatastrophen, Gewalt und Schrecken. Aber am Ende senkt sich das neue Jerusalem auf die Erde hinab. Am Ende feiert das Lamm ein wunderschönes Fest: Hochzeit – die endgültige und unzertrennliche Verbindung mit seiner Gemeinde. So wie Jesu Leben auf den ersten Blick nur in Leid und Tod endet, so scheint auch die Weltgeschichte nur auf die Katastrophe zuzulaufen. Wie aber der zweite Blick die Vollendung seiner Liebe zeigt, die den Tod überwindet, erwarten wir, dass die schmerzhaften Wehen der Geschichte doch am Ende das neue Leben des Reiches Gottes hervorbringen.

An diese Hoffnung erinnert uns im Schwalbacher Kirchenfenster das Lamm, das ganz gelassen und siegesgewiss auf dem Buch mit den sieben Siegeln sitzt. So möge auch Sie die Hoffnung erfüllen, die sich durch die Schrecken der Welt nicht beirren lässt. in diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete Passions- und Osterzeit!

 


 

Lichtblick in der ökologischen Katastrophe

Predigt zu Matthäus 16+17 am 28./29.1.2023

 

Matthäus 17,1-9

[1] Sechs Tage später nahm Jesus

Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes mit sich.

Er führte sie auf einen hohen Berg,

wo sie ganz für sich waren.

 [2] Da veränderte sich sein Aussehen vor ihren Augen:

Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne

und seine Kleider wurden strahlend weiß wie Licht.

 [3] Da erschienen Mose und Elija vor ihnen

und redeten mit Jesus.

 [4] Petrus sagte zu Jesus:

»Herr, es ist gut, dass wir hier sind.

Wenn du willst, werde ich drei Zelte aufschlagen:

eins für dich, eins für Mose und eins für Elija.«

 [5] Noch während Petrus redete,

legte sich eine Wolke aus Licht über sie.

Da erklang eine Stimme aus der Wolke:

»Das ist mein geliebter Sohn,

an ihm habe ich Freude. Hört auf ihn!«

 [6] Als die drei Jünger das hörten,

warfen sie sich nieder und fürchteten sich sehr.

 [7] Jesus ging zu ihnen und berührte sie.

Er sagte: »Steht auf. Fürchtet euch nicht!«

 [8] Als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus.

 [9] Während sie vom Berg herabstiegen,

schärfte Jesus ihnen ein:

»Erzählt keinem, was ihr gesehen habt,

bis der Menschensohn

von den Toten auferweckt worden ist.«

 

Die Erzählung von der Verklärung Jesu ist im wahrsten Sinne ein Lichtblick. Auf einmal schauen die Jünger Jesus in einem anderen Licht, in göttlichem Licht. Jedenfalls einen Moment lang. Damit sie gestärkt sind für einen Weg, der sehr dunkel vor ihnen liegt. Denn es geht auf das Ende zu. Jesus spricht vor diesem Erlebnis davon, dass er hingerichtet wird, und er sagt: auch ihr müsst bereit sein, euer Kreuz zu tragen. Bereit, auf Annehmlichkeiten zu verzichten, Schweres auf euch zu nehmen.

 

Kein Wunder, dass die Jünger noch mal einen Lichtblick brauchen, etwas, was sie noch mal ganz positiv erfüllt. Wir brauchen das auch. Denn wir gehen auch auf Schlimmes zu: der Krieg, die ökologische Katastrophe. Ganz abgesehen von persönlichen Nöten und Trauer. Man verdrängt es, wenn es geht. Die Jünger wollen das auch nicht hören. Aber Jesus konfrontiert sie mit der Realität. Er sagt: Ihr wollt nicht verzichten? Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber seine Seele verliert? (Mt 16,26). Diese Frage gewinnt heute globale Dimensionen: was hilft es der Menschheit, wenn sie wissenschaftlich, technisch, ökonomisch die ganze Welt gewinnt und beherrscht und optimiert, aber das Leben der Schöpfung dabei zerstört?

Jesus schließt eine weitere Frage an: Was kann ein Mensch geben, um seine Seele auszulösen, frei zu kaufen? (Mt 16,26). Und die Antwort ist: nichts. Wenn wir Leben zerstört haben, ist es unwiederbringlich zerstört. Pflanzen und Tierarten sind unwiederbringlich ausgelöscht. Lebensräume werden unwiederbringlich zerstört, gehen in den Fluten unter, oder werden lebensfeindliche Wüste. Einmal überschrittene Kipppunkte können wir nicht zurückdrehen.

Wir können zerstörtes Leben nicht wieder einlösen, zurückkaufen. Jesus konfrontiert uns damit. Was kann ein Mensch geben, um seine Seele auszulösen? Aber er sagt noch mehr: Ich gebe mein Leben als Lösegeld für die Welt (Mt 20,28). Er wird zerstörtes Leben auslösen.

Es ist für viele heute unverständlich, aber wir müssen bedenken: Jesu Leben ist einzigartig. Das einzige Leben, das ohne Schuld ist, vollkommen gerecht, ein Leben voller Licht, von Gott erfülltes Leben. Dieses einzigartige, unschätzbar kostbare leben setzt Jesus ein für uns, gibt es hin am Kreuz. Um unser verwirktes Leben auszulösen. Und tatsächlich ist das eine Liebe, die der Tod nicht töten kann. Und Jesus sagt hier: ich werde auferweckt (Mt 16,21). Ich werde in der Herrlichkeit des Vaters wiederkommen (Mt 16,27), in der Herrlichkeit seines Lebens. Jesus wird die Fülle des Lebens bringen. Er wird das Antlitz der Erde erneuern.

 

Jesus gibt uns nicht nur die Hoffnung, dass unsere Seele in den Himmel kommt, sondern in der Bibel wird das viel umfassender gesehen: Die Auferstehung Jesu hat kosmische Dimensionen (vgl. Kol 1,15-20). Das Leben der Schöpfung soll erlöst und errettet werden. Der Auferstandene ist der Beginn der erneuerten Schöpfung.

 

Die Jünger konnten das nicht so recht glauben. Sie hatten nur vor Augen, dass es auf das Ende zugeht, auf Leid und Tod. Sie brauchten einen Lichtblick. und Gott schenkt dieses Ereignis der Verklärung. Sechs Tage später geschieht das, heißt es ausdrücklich. Das ist ein Hinweis auf die Schöpfungsgeschichte im 1. Mosebuch. Am Ende des sechsten Schöpfungstages heißt es: Gott sah an alles was er gemacht hatte. Es war sehr gut (1. Mose 1,31). Und jetzt schaut Gott wieder auf die neue Schöpfung, auf Jesus, der im Glanz der Vollendung erstrahlt. Und Gott sagt: Sehr gut. Das ist mein lieber Sohn, an dem ich Freude habe. Den sollt ihr hören. Die Jünger bekommen einen Lichtblick hinein in die Vollendung. Und Petrus sagt: hier ist gut sein (Lutherübersetzung).

 

Wir brauchen auch diesen Lichtblick, diesen Blick auf die Vollendung, dass Gott Leben schenkt und schöpferisch erneuert, was wir zerstört haben. Wenn uns diese Hoffnung auf Gottes Kraft nicht trägt, dann werden wir verzweifelt sagen: „Lasst uns essen und trinken und weiter kaufen und konsumieren und reisen und genießen. Das Ende können wir sowieso nicht aufhalten.“ Leben nicht viele schon nach dieser Einstellung?

 

Der Blick auf Gottes schöpferische Lebenskraft aber wird uns demütig und achtsam machen und Freude schenken.

Demütig: wir können Leben nicht machen, wir können es nicht auslösen.

Darum auch achtsam: wie kostbar ist das Geschenk des Lebens in der ganzen Schöpfung! Keine Verfügungsmasse, sondern es hat eigenen Wert und Würde.

Und das zu sehen und zu erleben, erfüllt uns mit Freude.

Ich erzähle euch von einem Lichtblick, den ich als Jugendlicher hatte. Ich habe mich mit einem Buch draußen an einen Baum gesetzt, an eine dicke, alte Rotbuche, in der Nähe ein kleiner Fluss. Ein schöner, ungestörter Platz. Und als ich da saß, kam ein Schwan und setzte sich mit drei, vier Meter Abstand zu mir. Ein wilder Schwan. Da saßen wir und ich konnte nicht mehr lesen. Denn das hat mich tief berührt. Der Schwan suchte meine Gesellschaft und ich spürte einfach das Glück des Lebens und der Verbundenheit des Lebens. Hier ist gut sein. Das war so ein Moment. Ohne was zu konsumieren oder zu produzieren.

Wie wenig brauchen wir zum Glück! Wie einfach könnten wir verzichten auf so vieles, was Leben zerstört, wo wir über unsere Verhältnisse leben, wenn wir nur offen werden für diese Lichtblicke des Lebens. Über Leben verfügen wir nicht. Leben ist immer ein Geschenk Gottes. Und Jesus schenkt uns erneuertes, verwandeltes, ewiges Leben, das in seinem Glanz erstrahlt.


Andacht

Fröhliche Weihnacht überall...

 

war mein Lieblingslied als Kind. Und ich wartete voll Spannung auf Heilig Abend, verzaubert vom Duft frisch gebackener Plätzchen, Lebkuchen und Stollen, den geschmückten Fenstern und den Adventslichtern.

Advent leitet sich vom lateinischen Wort „Adventus“ ab und bedeutet Ankunft. Für uns Christen ist der Advent die Zeit der Erwartung: „Wir warten aufs Christkind“, und wir sind wieder eingeladen zur Geburtstagsfeier des Gottessohnes.

Die Adventszeit hat für mich immer den zauberhaften Charakter der Nächstenliebe, Vergebung und Großzügigkeit. Die Vorfreude darauf bedeuten Freude und Respekt für den Tag der Ankunft des HERRN und sein Wort.

Für mich ist es auch ein bewusstes "Zur-Ruhe-Kommen", das wir als Familie schon immer sehr geliebt haben. Fast jeden Abend im Advent machen wir es uns bei Kerzenschein im Wohnzimmer gemütlich. Dabei dürfen Tee und Lebkuchen sowie Adventsgeschichten und Lieder nicht fehlen. Dieses Zur-Ruhe-Kommen genießen wir sehr, das macht das Warten auf Weihnachten besinnlich und schließt die Familie enger zusammen. Es ist schön, wenn wir uns alle zu einer festen Zeit treffen: Alltag, Schule, Hausaufgaben, Hobbys sind auch unsere Themen, dann erzählen wir von dem, was wir erlebt haben. Das finde ich schön.

Wir brauchen die Zeit des Advents, um das Warten neu zu lernen. Jahrhunderte warteten die Juden geduldig auf den Erlöser, auf das Licht, das Gott ihnen versprochen hatte. Gottes Ziel mit uns ist nicht materieller Überfluss. Er hat größeres mit uns vor! Denn Gott ist die in Jesus zugewandte Liebe. So wird an Weihnachten seine Liebe zu uns Menschen spürbar und erlebbar. In der Heiligen Nacht bekommt Gottes unermessliche Liebe Hand und Fuß.

 

„Und der Engel sprach: Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volke wiederfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren!“

Lukas 2, 10

 

Weihnachten beginnt dort, wo Gott in unserem Herzen einen Neuanfang machen darf.

 

Ich wünsche Ihnen allen eine

fröhliche und erwartungsvolle Weihnachtszeit

Martina Kruse (Redaktion)

 


Urknall und Weihnachten

 

Nachdenkliches hat in unserer schnelllebigen Zeit kaum eine Chance, wahrgenommen zu werden. Nachdenken strengt an und wer will sich schon anstrengen? Doch wer mit Anstrengung ein Ziel erreicht, ist glücklich. Das ist nicht nur beim Sport so. Es gibt auch das Glück der Erkenntnis.

Was für ein Glück, dass Johannes ein Evangelium über Jesus geschrieben hat, das zum Nachdenken und Entdecken einlädt! Johannes spricht in seinem ersten Kapitel von Weihnachten, aber das erkennt man nicht sofort. Er beginnt so:

Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war am Anfang bei Gott. Johannes denkt an das Wort, mit dem Gott die Welt ins Leben gerufen hat. Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. So sagt es die Schöpfungserzählung in 1. Mose 1. Wir können heutzutage an den Urknall denken. Die Astrophysiker sagen, dass am Anfang das ganze Universum aus einem Punkt unglaublicher Energie hervorgegangen ist und seitdem sich immer weiter ausweitet. Alles was ist, stammt aus diesem Urknall. Wo kommt diese Energie her? Die Astrophysiker können darüber keine Aussage machen. Da ist die Grenze der Wissenschaft erreicht. Wir glauben, dass Gott das Universum ins Leben gerufen hat. Die Welt ist nicht selber Gott. Sie geht aus Gott hervor, durch sein „Energie-Wort“. Die Welt ist durchdrungen von dieser Energie, die nicht nachlässt seit 13 Milliarden Jahren.

Schöpferisches Wort – wir Menschen können zwar keine Materie hervorsprechen, aber wirkungsvolle Worte kennen wir auch, allem voran die Botschaft: „Ich liebe dich!“. Wenn ich diese Worte schon im Herzen habe, aber noch nicht ausgesprochen habe, erfüllen sie mich doch schon so sehr, dass es stimmt, dass ich dieses Liebeswort bin. Wenn ich es danach ausspreche, kann es ganz viel beim anderen hervorrufen. Es schafft eine neue Realität. Und wenn es einmal aus meinem Munde gekommen ist, ist es in der Welt. Ich kann es nicht mehr zurückholen (manchmal wünschen wir uns ja, wir hätten etwas nicht gesagt). Aber unsere ausgesprochenen Worte führen ein Eigenleben. So gilt beides: ich bin das Wort und es ist etwas eigenes.

Johannes sagt es von Gott so: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht (1,1-3).

Johannes beschäftigt also die Frage, die jeden nachdenkenden Menschen staunen lässt: Warum gibt es überhaupt etwas? Es gibt aber noch zwei weitere Punkte, über die wir bis heute staunen: Wo kommt das Leben her? Vor 3,5 Milliarden Jahren ist es nach Auskunft der Forscher auf der Erde entstanden. Alles Leben geht auf einen Ursprung zurück, sagen die Biologen. Seitdem wird es weitergegeben in vielen Tieren und Pflanzenarten. Und die Kraft des Lebens nimmt nicht ab. Sie geht von Generation zu Generation weiter, ohne zu ermüden. Ist das nicht eine göttliche Kraft?! Johannes sagt von dem Wort: In ihm war das Leben, und setzt gleich hinzu: und das Leben war das Licht der Menschen (1,4). Das ist ein dritter Grund zu staunen: Es gibt Erleuchtung. Wir können nachdenken und erkennen. Wie kommt der Geist in die Materie? Ist er vielleicht von vornherein in ihr?, wenn man bedenkt, dass im Universum von Anfang an Naturgesetze gelten, die wir mit unserem Geist nur im Nachhinein entdecken und verstehen? Gott ist nicht die Natur, aber in der Welt ist sein unvergängliches Wort wirksam: als Energie, als Lebenskraft, als Erkenntniskraft, als Ordnung schaffende Kraft.

Das Licht scheint in der Finsternis, aber die Finsternis hat es nicht angenommen (1,5).

Johannes stellt fest, dass wir Menschen trotz des Wirkwortes Gottes nicht in der Lage sind, Gott durch seine Schöpfung zu erkennen.

Und dann spricht Johannes von dem Weihnachtswunder (Vers 14):

Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

Das Schöpfungswort, von dem wir gesehen haben, dass es ein Eigenleben hat und doch Gott ist, gewinnt noch mehr Eigenleben: in einem Menschen aus Fleisch und Blut ist es da, mit der Geburt Jesu. Mit Jesus haben wir es mit dem zu tun, der Gottes Wort ist. Er spricht nicht nur über Gott, sondern in seinem ganzen Dasein ist dieses schöpferische Wort Gottes da. Darin haben alles Leben und Licht ihren Ursprung. Das ist eine ungeheure Aussage.

Wie kommt Johannes darauf? Er sagt: Wir sahen seine Herrlichkeit. Nun, Jesu Jünger sahen einen Wanderprediger, der manchmal nicht wusste, wo er übernachten sollte, und der am Ende elend starb. Wo sahen sie Herrliches? Es ist die herrliche Erkenntnis, dass seine Worte und sein Leben völlig mit Gott übereinstimmen. Wenn Jesus sagt: Ich bin das Licht der Welt, oder: Ich bin die Auferstehung und das Leben, dann sind das starke Worte. Er weist nicht nur auf Gott hin, auf Gottes Kraft und Leben und Licht. Er sagt: Ich bin es! Entweder war Jesus größenwahnsinnig oder es stimmt: mit seinem ganzen Leben spricht Gott selbst zu uns. Mit Jesus ist Gottes Schöpfungswort „Fleisch“, ein konkreter Mensch  geworden. Die Jünger haben erkannt:

Du sprichst Worte, die ewiges Leben schenken. Wir glauben und haben erkannt: du bist der Heilige Gottes (6,68).

Wenn Gott nicht nur ein Naturprinzip ist, sondern der souveräne Schöpfer, dann kann er sich dazu entscheiden, sich so in dem Menschen Jesus zu offenbaren. Auch wenn es für menschliches Denken zunächst abwegig erscheint. Aber es ist kein Abweg, es ist Gottes Weg, um uns nahe zu kommen und sich mit uns zu verbinden. Ich wünsche Ihnen ein nach-denkendes Staunen über dieses Weihnachtswunder und dass sie darin Gottes Kraft und Leben und Licht entdecken.

Reinhard Vollmer

 


 

„Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heitren Stunden nur!“ Ein Gemeindeglied brachte diesen Spruch; der das befolgt hat. Jedenfalls hat er ein sonniges Gemüt.

 

Es ist nicht egal, wie wir auf unser vergangenes Leben schauen. „Ich gedenke der alten Zeit, der vergangenen Jahre“, sagt der Psalmbeter (Psalm 77,6). Wir denken in der Regel lieber an die positiven Erlebnisse, an die schönen Zeiten, zählen also die heiteren Stunden. In Trauergesprächen erlebe ich oft, dass vor allem das Schöne aus dem Leben des Verstorbenen erzählt wird. Auch wenn wir manches verklären, ist es an sich richtig, nach dem Guten zu suchen. Denn im Grunde ist jedes Leben getragen von der Güte des Geschaffenen, des Lebens selbst. Die Schöpfungserzählung bringt das in tiefer Weisheit so zum Ausdruck: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (1.Mose 1,31). Gott schaut auf das Bisherige und sieht das Gute des Lebens als bleibenden Grund. Diese Güte des Lebens will bedacht werden. Sie meldet sich: Hast Du nicht viel Gutes erfahren? Hat das Leben Dich nicht durchgetragen, auch durch Schweres? So hat es sein tiefes Recht, nur die heiteren Stunden zu zählen. Darin zeigt sich ein Grundvertrauen in das Leben, ein Urvertrauen in den Schöpfer.

 

Aber auch wenn es ganz natürlich ist, mehr an das Erfreuliche zu denken, in manchen Zeiten sind die Erinnerungen auch quälend. Es schiebt sich das ins Bewusstsein, was Leben verhindert hat: Schuld, Versäumnisse, erlittene Verletzungen. Auch der Beter von Psalm 77 fühlte sich vom Leben abgeschnitten. Dann bekommen sogar die schönen Erinnerungen einen bitteren Beigeschmack: „Damals habe ich Gottes Güte erlebt, seine wunderbare Nähe, aber jetzt ist er fern.“ So klagt der Beter. Aber ist Gott wirklich fern? Nein, selbst wenn ich dieses Gefühl habe, ist Gott in Wirklichkeit nahe. Ich muss es nur neu entdecken. Das ist der Weg, den der Beter in diesem Psalm beschreitet: Er kann am Ende wieder Gottes Nähe glauben und das verändert seinen Blick. Denn jetzt ist die Erinnerung an das vergangene Schöne nicht mehr etwas, was einfach vorbei ist, sondern es ragt in das Jetzt hinein. Erinnerungen können nämlich etwas ganz Lebendiges sein, durch das das Vergangene vergegenwärtigt wird. Es ist jetzt da im Danken. So wird das Denken zum Danken.

 

Der Psalmbeter nimmt sich dafür Zeit und das macht mir deutlich, dass ich dem Nach-Denken auch mehr Zeit geben sollte. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es immer weitergehen muss. Mit immer neuen Eindrücken und Aufgaben hetzen wir weiter. Wir sind eine vergessliche Gesellschaft, die nur noch ein Kurzzeitgedächtnis hat. Aber das Leben will bedacht sein. So wie Gott auf die Schöpfung blickt und das Gute sieht, sollen wir auf das Leben blicken und die Güte des Lebens entdecken und dankbar werden und ein sonniges Gemüt haben. So wünsche ich Ihnen eine Sommer- und Ferienzeit, in der Sie zur Ruhe kommen und durch dankendes Nachdenken neue Kraft schöpfen!

 

Reinhard Vollmer

 

 

 


Das schwarze Loch in unserer Milchstraße

 

Am 12. Mai haben Astronomen das erste Bild des supermassereichen schwarzen Lochs im Zentrum unserer eigenen Milchstraßengalaxie präsentiert. Obwohl wir das schwarze Loch selbst nicht sehen können, weil es völlig dunkel ist (zentrale Region), zeigt die helle ringförmige Struktur das Licht, das durch die starke Schwerkraft des schwarzen Lochs gebeugt wird. Das schwarze Loch hat vier Millionen Mal mehr Masse als unsere Sonne! Weil es aber etwa 27.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist, erscheint es uns am Himmel etwa so groß wie ein Berliner Krapfen auf dem Mond. Wie kann man das überhaupt sehen und aufnehmen? Man hat acht Radio-Observatorien auf der ganzen Welt zu einem einzigen virtuellen Teleskop in Erdgröße verbunden. In mehreren Nächten 2017 sammelte man viele Stunden am Stück Daten, ähnlich wie bei einer langen Belichtungszeit einer Kamera. Fünf Jahre hat die Kombination und Analyse der Daten mit Supercomputern gedauert, um dieses Bild zu erstellen. Mehr als 300 Forscher aus 80 Instituten auf der ganzen Welt waren daran beteiligt. Eine gewaltige Leistung der Zusammenarbeit, an der sich die Politik ein Beispiel nehmen könnte!

 

Es ist schon das zweite Bild eines schwarzen Lochs. 2019 wurde das erste Bild präsentiert, das aus einer anderen Galaxie stammt. Der Astrophysiker Prof. Heino Falcke, der an der Radboud-Universität in Nimwegen arbeitet, hatte die Idee entwickelt, das Bild eines schwarzen Loches aufzunehmen. In jahrelanger Arbeit war er maßgeblich daran beteiligt, das internationale Event Horizon Telescope-Projekt aufzubauen. Er schrieb darüber ein lesenswertes Buch: „Licht im Dunkeln. Schwarze Löcher, das Universum und wir (Klett-Cotta 2020).

 

Schwarze Löcher faszinieren uns, weil sie wie ein Höllenschlund sind, der alles verschluckt, was in ihre Nähe kommt. Nichts kommt je wieder aus ihnen heraus, kein Licht, keinerlei Information. Sie bringen die Naturwissenschaft an eine Grenze. „Schwarze Löcher symbolisieren in unserer Vorstellungskraft das alles verschlingende Nichts, eine Grenze, an der jegliches Leben und Verstehen aufhört – den Blick in den Höllenschlund eben“ (S. 273), schreibt Falcke. „Nicht nur schwarze Löcher zeigen uns, dass Grenzen Teil unserer Welt sind. Wer es wagt, über die Grenzen der Physik hinaus zu fragen, kommt an Gott nicht vorbei. Gerade weil die Natur uns fundamentale Grenzen der Erkenntnis setzt, stoßen wir immer wieder an sie und rütteln mit unseren Fragen an der Tür zum Himmel. Grenzen … verhindern menschliche Überheblichkeit und erlauben uns zu glauben und zu hoffen“ (S. 318). Doch der Glaube an einen persönlichen Gott erscheint vielen als ein doch zu großer und befremdlicher Schritt. Prof. Falcke aber meint: „Scheinbar gelingt es der Natur, aus einem Urknall, etwas Materie und ein paar Naturgesetzen Menschen mit Bewusstsein, abstraktem Denken, Gefühlen, Humor und einem Sinn von Bestimmung und Verantwortung hervorzubringen. Die Möglichkeit, dass Leben, Individuum und Persönlichkeit entstehen können, muss also schon in den Gesetzen des Urknalls angelegt – aber nicht unbedingt vorherbestimmt – gewesen sein…Wenn Materie denkt und fühlt, warum soll dann nicht auch ein Schöpfergott, die erste Ursache, eine Persönlichkeit mit Geist, Sinn und Verstand haben können? Für Physiker, die einen Kosmos voller Leben, Möglichkeiten und Multiversen denken können, scheint mir ein persönlicher Gott gerade kein unvernünftiger Gedanke“ (S. 323f).

 

Reinhard Vollmer

Bild: https://www.eso.org/public/germany/images/eso2208-eht-mwa/

 

 


 

Frühlingserwachen

 

 

 

"Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. ....Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch wiederfahren."

 

Johannes 15, 1-8

 


 

Endlich ist es Frühling.

 

Die Natur sprießt und blüht. Neues Leben erwacht. Alles verändert sich, Schneeglöckchen, Gänseblümchen und Löwenzahn verzieren meinen Garten. Der Frühling ist wirklich wunderbar. Wenn ich dann spazieren gehe und diese wundervolle Schöpfung genieße, spüre ich wie auch durch mich neues Leben fließt. Dieses "Aufblühen" ist für mich auch ein Symbol der Auferstehung. So wie jedes Jahr neues Leben entsteht, so ist auch uns Menschen verkündet worden, einmal auferweckt zu werden. Ich darf täglich neu werden. Ich spüre, wie sich die Natur mit mir verbindet: Der Duft nach einem Regenguss, der Duft nach Meer oder der Duft nach Wald und frisch geschnittenem Holz.

 

Ich atme tief in mich hinein. „Ihr in mir und ich in euch“, so formulierte es Jesus. Er spricht vom Weinstock und den Reben; die untrennbar zusammengehören. Jesus fordert uns auf:

 

„Bleibt in mir! So werdet ihr versorgt mit allem, was nötig ist, und bringt gute Früchte.“

 

Er bleibt auch in uns! Das zeigt das Bild vom Weinstock besonders deutlich. Es ist ein gegenseitiges Durchdringen und ineinander Bleiben.

 

Ich stelle mir es vor wie Ein- und Ausatmen, wie etwas, was zusammengehört, sich ergänzt. Ich bin nicht alleine, sondern mit Jesus verbunden, werde inspiriert, erfrischt und erneuert. Meine Worte kehren im Gebet zu ihm zurück. Gottes Wort lesen oder hören ist wie Einatmen, zu Gott beten wie Ausatmen.

 

Es sind die guten Früchte, die aus der Verbindung mit Jesus Christus entstehen: Liebe weitergeben, hilfsbereit für andere da sein - gute Frucht bringen.

 

So macht uns die Verbindung zu Jesus Christus immer wieder neu. So wie der Frühling die Natur erneuert und wir die frische Frühlingsluft ein- und ausatmen dürfen.

 

Martina Kruse (Redaktionsteam)

 

 

 


 

 

 

Liebes Gemeindeglied,

die Missbrauchsfälle, die in der katholischen Kirche aufgedeckt wurden, machen zornig. Und weil die katholischen Christen unsere Glaubensgeschwister sind, sind wir als evangelische Kirche auch mit erschüttert.

 

Wir lesen bei „Bibel im Gespräch“ gerade die „Gemeinderede“ Jesu in Matthäus 18. Da finde ich auch bei Jesus einen Zorn auf die Menschen, die den Glauben von Kindern zerstören: „Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, von mir abbringt, für den gilt: Es wäre besser für ihn, mit einem Mühlstein um den Hals ins tiefste Meer geworfen zu werden.“ (Matth. 18,6). Sehr drastische Worte. Jesus wird so scharf, weil er weiß, dass auch in der Gemeinde die wehrlosen, schwachen Menschen oft geringgeschätzt werden. Wie gehen wir mit obdachlosen Menschen um? Was denken wir über die Geflüchteten an den europäischen Grenzen? Es ist die große Gefährdung für die Gemeinschaft in der Gemeinde, es bei den „Geringen“ nicht so ernst zu nehmen, wenn ihnen Schaden zustößt.

 

Jesus will das verhindern. Er macht die Kleinen dadurch groß, dass er sich mit ihnen eins macht: „Wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.“ (Matth. 18,5). Jesus betont das so, weil er deutlich machen will: in einer Gemeinschaft von Glaubenden hängt das Vertrauen auf Gott damit zusammen, dass man den leitenden Personen vertrauen kann. Wenn diese das Vertrauen der Kleinen missbrauchen, zerstören sie auch die Gottesbeziehung.

 

Der seelische Schaden durch sexuellen Missbrauch ist unermesslich und innerhalb der Kirche ist er noch tiefer verstörend und zerstörend. Was ist diesen Menschen angetan worden! Kein Wunder, dass Jesus so zornige, scharfe Worte findet.                   

 

Reinhard Vollmer

 

 

 


Liebe Gemeindeglieder

 

Wenn ich zurzeit durch die Läden gehe, komme ich nicht an ihnen vorbei. Adventskalender für jede Person, für jeden Beruf, für alles und jeden. Es gibt welche mit Schokolade, Süßigkeiten, Spielzeug, Aufgaben. Welche zum Abreißen, Aufkleben, Lesen, Basteln. Da verliere ich langsam die Übersicht.

 

Seit Jahren freue ich mich in jedem Jahr darauf, die richtigen Kleinigkeiten für meine Schwester zu finden und zu basteln. Ich gestalte einen für sie und sie für mich. Es freuen sich nicht nur die Kinder über diese Tradition. An jedem Tag darf ich ein Päckchen auspacken oder eine Tür öffnen. Irgendwann stelle ich fest, es ist nicht mehr weit bis Weihnachten.

 

Der erste Adventskranz war auch ein Kalender. An jedem Tag wurde eine Kerze mehr angezündet und an den vier Adventsonntagen eine dicke Kerze.

 

Die Zeit bis Weihnachten etwas versüßen, verkürzen, gestalten. Das ist heute der Zweck. Im Ursprung war es auch eine Gelegenheit, Kindern das Zählen beizubringen.

 

Die Vorfreude auf Weihnachten steigert sich von Tag zu Tag. Jeden Tag ein Türchen mehr öffnen, bis an Heilig Abend endlich das Ziel erreicht ist. Es wird wieder Weihnachten.

 

Vorne auf unserem Deckblatt können wir schon sehen, was sich hinter der 24. Tür befindet. Ein Kind mit zwei glücklichen Eltern ist zu sehen.

 

Jesus ist geboren. Aber der Weg bis dahin war sehr weit und dauerte auch länger als 24 Tage. Geduld von allen beteiligten Personen war gefragt.

 

Maria musste dem Engel glauben, dass sie von Gott ein Kind empfangen hat. Josef musste dem Engel glauben, dass Maria nichts Unrechtes getan hat. Maria musste Josef vertrauen, dass er sie gut von Nazareth nach Bethlehem bringen würde.

 

Da mussten sie wegen der Volkszählung hin. Und das, wo Maria schon hoch schwanger war. Aber dem Befehl des Kaisers musste Folge geleistet werden. Und dann wurde Jesus geboren.

 

Was hat das aber mit uns heute zu tun? Warum erzählen wir uns diese Geschichte jedes Jahr aufs Neue? Warum üben die Kinder jedes Jahr aufs Neue das Krippenspiel ein?

 

Weil wir daran glauben, dass dieses kleine Kind in der Krippe Gottes Sohn ist, der Jahre später unschuldig, und wirklich ohne Schuld, am Kreuz stirbt.

 

Der einzigartige, heilige, unbeschreibliche Gott kommt uns Menschen in diesem Kind so nahe. Gott wird ein Mensch wie du und ich. Er kann alles nachvollziehen, was Menschen betrifft. Seine Liebe übertrifft alles, was wir Menschen uns vorstellen können.

 

Deshalb lohnt es sich, in jedem Jahr darauf zu warten, dass diese einzigartige, gute Botschaft uns verkündet wird. Gott kommt Dir in diesem Kind ganz nahe, auch heute noch. Weil diese Botschaft für jeden gilt.

Ich wünsche eine gesegnete, gesunde Advents- und Weihnachtszeit

 

Marion Güldenhaupt

 

Liebe Gemeindeglieder

 

die Kürbisse auf dem Titelbild sind eine Einladung, sich Gedanken über unsere Landwirtschaft, über Ernte und Erntedank zu machen. Wir geben diesmal einem neuen Gemeindeglied aus Neukirchen das Wort:

 

„Unsere Speicher sind gefüllt, überquellend von vielerlei Vorrat.“ (Psalm 144,13)

 

Als ich den Psalm 144 las, blieb ich lange an diesem Vers hängen. Beschreibt es nicht überdeutlich die Situation auch in unserem Land? Eine Frage ließ mich nicht los: Haben wir diese Fülle wirklich verdient? In meine Gedanken drängen sich die Schlagzeilen vergangener Monate: Überdüngung, Bodenerosion, dramatisches Insektensterben, Klimakrise. Eine Erkenntnis gewinne ich aus dieser düsteren Szenerie: Wir haben die überfüllten Silos, Scheunen und Gefriertruhen teuer erkauft. Plötzlich vermischen sich diese Bilder mit ganz anderen Bildern: Hitzekatastrophe in Kanada, Hitzewelle in Südeuropa, die Flutkatastrophe von Ahrweiler und Erftstadt am 14. Juli.

 

Erstmals gibt es eine breite Übereinstimmung zwischen Wissenschaft und Politik, die einen Zusammenhang zwischen Naturkatastrophen und dem Umgang mit der Natur anerkennt: Wir haben der Natur jahrzehntelang Gewalt angetan, nun schlägt sie gewaltig zurück. Doch nicht irgendwo, sondern ganz nah bei uns. Und sie spült Häuser, Felder und Ernten weg und lässt uns spüren: Es gibt keine Selbstverständlichkeit mehr, an die wir uns im reichen Deutschland gewöhnt haben.

 

Hat das alles auch etwas mit der Wertschätzung der Schöpfung zu tun? Die Sprache verrät das Denken: Fleischproduktion, Agrarindustrie usw. Aber auch Bilder sprechen deutlich: Qualvolle Massentierhaltung und Tiertransporte, untragbare Zustände in Schlachthöfen. Auch der Umgang mit Lebensmitteln gibt Antwort: mehr als 12 Millionen Tonnen pro Jahr werden in Deutschland weggeworfen; pro Kopf 75 kg; ein Gesamtwert von 20 Milliarden Euro! Die Ausgaben privater Haushalte für Lebensmittel beträgt hierzulande nur ca. 15%. 1950 waren es noch 44%.

 

Können wenigstens wir als Christen im Kreislauf von „Erzeugung“ und Verzehr eine Gegenkultur schaffen? Erntedank stellt uns vor die Frage: Kann Säen, Ernten und Konsumieren so geschehen, dass es nicht der Ausbeutung unserer Schöpfung gleicht, sondern zu deren Erhalt dient und damit auch den Schöpfer ehrt? Dazu stellen Sie sich bitte Folgendes vor: Ein Landwirt erhält von einer großen Gruppe von Menschen am Jahresbeginn das nötige Jahreskapital, das er für die Arbeit und seinen Lebensunterhalt benötigt. Die Mitglieder erwerben sich damit einen Anteil, für den sie rund ums Jahr Obst und Gemüse erhalten, welche auf gesundem Boden ohne Pestizide und chemische Düngung bis zur vollständigen Reife und Geschmacksbildung gedeihen dürfen. Idealismus? Bei weitem nicht! Denn dieses Modell biologischer Landwirtschaft gibt es allein in Deutschland bereits an mehr als 245 Orten. Tendenz steigend. Mit dem Fachbegriff heißt das „Solidarische Landwirtschaft“, kurz „Solawi“. Zugegeben: Der Preis für gute Qualität und besten Geschmack durch nachhaltigen Anbau liegt über dem Durchschnitt. Doch gerade das zeigt den realen Preis, mit dem nicht nur der Boden, sondern auch der Landwirt überleben kann. Solidarisch eben, gegenüber Mensch und Umwelt!

 

Nun die Überraschung: Dieser Idealfall befindet sich quasi vor unserer Haustüre. Wo? In Neukirchen! Dort hat sich ein junger Landwirt vor einigen Jahren mit großer Leidenschaft auf dieses Modell eingelassen. Ich selbst lebe seit einigen Monaten in Neukirchen innerhalb einer Gemeinschaft von Menschen, die diese alternative Form landwirtschaftlichen Arbeitens unterstützt. Für mich persönlich ist es eine von vielen Möglichkeiten des Dankes und der Wertschätzung gegenüber Gottes Schöpfung.

 

Und wo kann der Dank an Gott für unseren überquellenden Vorrat auch im Kleinen beginnen? Vielleicht schon dort, wo wir zwischen Hitzewellen und Flutkatastrophen erkennen, wie fragil unser Leben geworden ist und wir uns jeden Tag an die Bitte erinnern lassen, wie sie Jesus im Vater unser formuliert hat: HEUTE gib uns unser täglich Brot. Vielleicht kann der Dank aber auch dort beginnen, wo wir uns bei Tisch für einen Moment in Ehrerbietung auf den Geber aller Gaben besinnen. Wer dankt, lernt die Dinge zu schätzen. Das ist der Beginn einer Ernährungswende. Wer dankt, dem wird es schwerer fallen, den Gegenstand des Dankes gedankenlos in die Tonne zu schmeißen.

 

„Glücklich zu preisen das Volk, dem es so ergeht. Glücklich zu preisen das Volk, dessen Gott der HERR ist.“ (Psalm 144, 15)                                                     

 

Frieder Zürcher



 

Liebe Gemeindeglieder

 

Die Nebel lichten sich, das Licht strahlt mir entgegen. Das Titelbild gefällt mir. So möchte ich gerne in die Zukunft gehen. Hoffnungsvoll, lichtdurIhnen auch, dass Ihr Leben sich so immer wieder lichtet!chflutet. Heute, wenn ich diese Zeilen schreibe, gibt es die gute Nachricht, dass die Coronazahlen weiter zurückgehen. Die Aussicht auf Lockerungen locken. Die allgemeine Stimmung ist nicht mehr so gedrückt. Schön! Aber ich ärgere mich auch ein bisschen über mich selbst, dass ich meine eigene Stimmung abhängig mache von dem Auf und Ab der Nachrichten.

 

Kann ich mich nicht einfach daran halten, dass Gott väterlich und mütterlich für uns sorgt, dass er wie ein guter Hirte ist, der durch alles Auf und Ab, über Berge und durch Täler hindurchführt, dem Licht entgegen?

 

Wenn ich mich nicht in einem Wunschtraum einrichten will, sondern wache Augen behalte für das, was in der Welt vorgeht und auch ganz konkret in unseren Dörfern und Familien, dann sieht es oft dunkel aus, gar nicht väterlich oder mütterlich. Wie gnadenlos geht es oft zu! Wo ist da der himmlische Vater? Sind wir nicht schrecklich verwaist?

 

Wir können doch gar nicht von uns aus „unser Vater“ sagen zu Gott, wenn es nicht dieses Wunder gäbe, dass Gott zuerst zu uns gesprochen hätte; wenn er nicht glaubwürdig bezeugt hätte, dass er unser himmlischer Vater ist. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass es Jesus ist, der uns diese Worte lehrt: „Vater unser im Himmel…“. Denn mit Jesus ist ja dieses Wunder geschehen: Durch ihn hat der Vater im Himmel zu uns gesprochen. Jesus hat es mit seinem Leben und gerade auch mit seinem Sterben beglaubigt.

 

Wenn wir also fragen: „Warum so viel Finsteres?“, antwortet Jesus: „Alles, was euer Leben verdunkelt, geht meinem Vater nahe. Er schickt mich ja mitten in eure Schmerzen. Wer von euch leidet, mit dem leide ich mit! Wer von euch sterben muss, mit dem sterbe ich mit! Wer mich sieht, sieht den Vater. Und wer mich mit euch leiden sieht, der sieht das Mitleiden des Vaters! Und wer auf meine Auferstehung schaut, der sieht das Leben, das es durch mich gibt!“

 

Das ist das Licht, das wirklich stärker ist als die Dunkelheiten, die wir erleben. Ich muss meinen Glauben immer wieder auf dieses Zentrum hin ausrichten. Dabei erfahre ich, dass die Sorgen und Unsicherheiten „zu einem Rohstoff werden, aus dem ich mein Vertrauen und meinen Glauben bilden lassen soll und darf“ (Helmut Thielicke).

 

Das wünsche ich Reinhard Vollmer



Liebe Gemeindeglieder

 

Mitte Februar. Es ist kalt draußen. Ich bin zu Fuß unterwegs, bringe bei Gemeindegliedern etwas vorbei, spreche ein bisschen mit ihnen an der Haustür und treffe ein paar Spaziergänger. Ich höre viele Worte: traurige und einsame, verärgerte und verbitterte, dankbare und zufriedene. Wie unterschiedlich schwer tragen doch die Menschen an dieser Lockdown- Situation! Die Tochter darf ihren schwerkranken Vater nicht im Krankenhaus besuchen. Die alleinlebende Frau kommt kaum nach draußen und sieht manchmal tagelang keinen Menschen; und menschliche Berührung erfährt sie nur noch beim Zahnarzt. Der Mittefünfziger mit Vorerkrankung ist erbost darüber, dass er vor Sommer nicht mit einer Impfung rechnen kann. Und die Frau, die sich vorher mit Minijobs über Wasser hielt, weiß nicht mehr weiter. Keinen Job, keine Bezahlung, keine Rücklagen (wie auch?).

 

Seid barmherzig!, fordert uns Jesus auf.

 

Was heißt das jetzt – barm-Herz-ig!? Heißt es: Gut, dass ich das Problem nicht habe! Ich brauche nicht auch noch die Sorgen des anderen. Mir reichen meine! ... Oder: Ich lasse es mir zu Herzen gehen. Ich gehe nicht unberührt weiter.

 

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!

Wie barmherzig ist denn unser Vater im Himmel?

 

ER stellt uns jederzeit sein offenes Ohr zur Verfügung. Jeden Morgen ist ER für uns da, geizt nicht mit Luft und Liebe, mit Licht und Lebenskraft. Liebend gern vergibt ER uns, egal was wir zu IHM bringen. Seine heilige Geistkraft schickt ER denen, die IHN von ganzem Herzen suchen. All das hat Jesus gezeigt. Durch IHN können wir es erfahren.

 

Und nun sucht ER bei uns, was ER uns bereits reichlich schenkt. Wir müssen nichts geben, was uns nicht geschenkt ist! Einfach nur weiterleiten, was von IHM kommt!

 

Zum Beispiel: dem anderen mit offenem Herzen zuhören. Ihm ein wärmendes Wort für sein Herz geben. Beherzt handeln mit den vielen kleinen Möglichkeiten, die ich habe.

 

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!

 

Ich wünsche Euch viele gesegnete

Erfahrungen mit diesem Jahresmotto

Kirsten Vollmer



Liebe Gemeindeglieder

 

„Fürchtet euch nicht!“

 

Einmal im Jahr hören wir diesen Satz. Immer an Heilig Abend wird diese Botschaft der Engel an die Hirten verkündet.

 

Ich hoffe, dass dieser Satz in diesem Jahr uns zur Botschaft wird.

 

Die Weihnachtsgeschichte mutet uns ja oft wie ein schönes Märchen an. Die Kinder spielen es als Krippenspiel vor und es passt zu unserer Stimmung. Weihnachten ist ja so heimelig und romantisch; ein Familienfest.

 

In diesem Jahr ist das etwas anders. Wir müssen genau überlegen, mit wem wir feiern können. Einige sind erkrankt und viele haben Angst vor einem kleinen unsichtbaren Virus, das schon so viel in diesem Jahr auf der Welt angerichtet hat.

 

Wie kann: „Fürchtet euch nicht!“ heute für uns zur Botschaft werden?

 

Schauen wir die an, an die diese Nachricht zunächst gerichtet ist: die Hirten. In der damaligen Zeit waren Hirten in der Gesellschaft nicht gerade angesehen. Sie waren eher Ausgesonderte; Tag und Nacht bei ihren Tieren, und sie rochen auch so wie sie. Vielleicht ging es ihnen wie manchem Menschen von uns heute: Sie erwarteten nicht viel vom Leben und schon gar nicht, dass Gott eine Botschaft für sie hat.

 

Erwarten wir, dass Gott heute eine Botschaft für uns hat? Erwarten wir, dass Gott uns sieht? Sich für uns interessiert?

 

Die Hirten von damals wohl eher nicht. Aber es geschieht. Mitten in der Nacht. Die Hirten tun ihre Arbeit. Sie passen auf ihre Schafe auf. Wie aus dem Nichts wird es hell um sie. Ein Engel verkündet die Botschaft: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk, widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ (Lukas 2,10f)

 

Was für eine Nachricht! Ja, zuerst müssen sie beruhigt werden: „Habt keine Angst!“. Aber dann kommt ein Satz, der sie umhaut. Gott ist da! Er kommt euch so nah, wie bisher niemandem auf der Welt. In einem kleinen Kind kommt Gott zu euch!

 

Und das ist auch für uns die Botschaft, die immer noch gilt.

 

Gott ist auch für dich in diesem kleinen Kind auf die Welt gekommen. Er hat sich damals um die Menschen gekümmert und tut es heute genauso.

 

Wir können es oft nicht sehen, weil Alltagssorgen uns erdrücken. Gott verspricht auch nicht, dass er uns die Sorgen wegnimmt, das Leid, die Krankheit. Aber er verspricht, dass er bei uns ist.

 

Dieses kleine Kind hat die Welt verändert. Es hat jedem Menschen die Möglichkeit gegeben, zu Gott zurückzufinden.

 

Die Hirten haben sich auf den Weg gemacht. Sie haben gesagt: „Lasst uns die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.“

 

Und sie fanden alles genauso vor.

 

Wir können es überprüfen. Für uns sind diese Geschichten in der Bibel aufgeschrieben worden und werden in jedem Gottesdienst verkündet.

 

Hören wir diese Worte als Botschaft für uns persönlich:

 

Fürchtet euch nicht!

Marion Gültenhaupt

Gemeindediakonin



Liebe Gemeindeglieder!

 

Für einige hatte der Lockdown in der Coronazeit auch eine positive Seite: Es war auf einmal mehr Zeit da für sich selbst und für andere, für Waldspaziergänge und kreative Sachen (für Familien mit kleinen Kindern sah es allerdings ganz anders aus). Man hat gemerkt: Konsum ist gar nicht so wichtig; Arbeiten von zuhause erspart viel Fahrerei; man muss nicht von Veranstaltung zu Veranstaltung hetzen; die Natur kann sich ein wenig erholen; es ist gut, aufeinander zu achten.

Werden wir etwas beibehalten von dem, was sinnvoll war?

Mein Eindruck ist: Die meisten sind froh, wenn es wieder so läuft wie vorher. Denn sein Verhalten wirklich zu verändern, ist mühsam. Keiner macht das gerne. Das Titelbild macht das sehr anschaulich. Bei der Forderung, dass wir selbst unser Leben ändern müssten, fühlen wir uns schnell überfordert und reagieren mit Abwehr: „Wir können doch nicht die Welt retten, indem wir auf Fleisch und Flugreisen verzichten! Sollen wir die ganze Zeit mit schlechtem Gewissen rumrennen?“ Ich kann verstehen, dass viele die Nase voll haben vom erhobenen Zeigefinger.

 

Andererseits wissen wir auch: Wenn wir wollen, dass die Welt lebenswert bleibt, muss es Veränderung geben. Das ist uns vom Kopf her klar. Bei der Frage „Wer will Veränderung?“ heben alle die Hand. Wir kommen nicht darum herum, die sich sowieso vollziehenden Veränderungen aktiv zu gestalten.

 

Wir sind in einer Umbruchzeit: Bisher ging die Erzählung vom Leben so: „Du musst dich anstrengen und was lernen. Dann kannst du viel Geld verdienen. Dann kannst du dir immer mehr leisten und immer mehr erleben. Das macht dein Leben sinnvoll.“ Aber das funktioniert nicht mehr richtig. Der Wohlstand geht für die meisten faktisch seit Jahren zurück. Es überfordert uns, immer noch mehr zu kaufen und mehr Events in unserem Leben unterzubringen und wir werden nicht glücklicher dadurch. Und im globalen Maßstab ist eben auch klar, dass wir mit andauerndem Wirtschaftswachstum unseren Planeten zugrunde richten.

 

Aber kein Leben ohne Wachstum! Jesus nimmt oft Bilder aus der Natur und spricht vom Wachsen des Reiches Gottes. Wir brauchen kein Wachstum im Materiellen, aber wir brauchen das, was mein Taufspruch so sagt; „Wachst aber immer weiter in der Gnade und Erkenntnis, die unser Herr und Retter Jesus Christus schenkt.“ (2. Petrus 3,18). In der Gnade wachsen: sich immer tiefer darin verwurzeln, dass Gott mich annimmt. Jesus Christus immer mehr erkennen. Immer mehr hineinfinden in das Geheimnis seines Sterbens und seiner Auferstehung. Gott hat ihn zum Zentrum der Menschheitsgeschichte, ja zum Zentrum des Kosmos gemacht. Wer in der Erkenntnis Jesu wächst, der wächst auch in der Hoffnung auf Gottes kommendes Reich. Der lebt von einem neuen Maßstab her. Die Gegenwart ist nicht das Maß aller Dinge. Wir sind in einer anderen Realität verankert. Wir vertrauen dem Gott, „der die Toten lebendig macht, und der das, was nicht ist, ins Sein ruft“ (Römer 4,17). Die Realität ist nicht Herr über Gott, sondern Gott ist Herr über die Realität.

 

Wenn dieser Glaube uns beflügelt, fällt es uns leichter, unser Verhalten zu ändern. Viel leichter, mit der Schöpfung sorgsamer umzugehen. Wir sehen nämlich nicht mehr auf das, was wir dann nicht mehr oder weniger haben, sondern wir sehen, dass eine andere, wunderbare Wirklichkeit zum Vorschein kommen will. Wie ein Schmetterling, der aus einer unansehnlichen Puppe schlüpft. Diese Verwandlung ist ein Wunder. Ist er entschlüpft, breitet er seine Flügel aus, füllt sie mit Blut oder Chitin. Nach ein paar Stunden kann er losfliegen. Ein völlig neues Leben in der Luft, leicht und bunt. So lässt auch das Leben im Reich Gottes unser erdenschweres und mühsames Leben hinter sich. Wunderbar, dass die bunten Farben des Reiches Gottes schon hier sichtbar werden! Veränderung ist möglich und wird wirklich!

 

 

 



Liebe Gemeindeglieder!

 

Erst wenn man krank ist, lernt man die Gesundheit wirklich zu schätzen. Das ist eine alte Erfahrung: solange etwas ganz selbstverständlich ist, nehmen wir es in Anspruch, oft ohne es besonders zu schätzen. So geht es uns auch aktuell in der Coronakrise. Weil infrage stand, ob die Ärzte und Pflegekräfte einem möglichen Ansturm auf die Krankenhäuser gewachsen sind, wird deren Arbeit auf einmal ganz anders wertgeschätzt. Wenn Schulen und Kindergärten geschlossen sind, kommt uns mehr zu Bewusstsein, wie grundlegend wichtig diese Arbeit ist. Konzerte finden nicht statt und wir denken darüber nach, wie lebenserfüllend die Musik ist und werden den Künstlern dankbarer. Wir können bisher nicht weit weg verreisen. Wir merken nicht nur, wie hoch das Gut der Freiheit ist, nicht nur der Reisefreiheit. Wir bekommen auch wieder einen anderen Blick auf unser unmittelbares Umfeld, das Netz von Kontakten, zu denen wir gehören und die uns Halt geben. Die Coronakrise wirft aber auch ein grelles Licht auf die Missstände: in der Fleischindustrie ist alles nur auf „billig“ ausgerichtet und wir sehen jetzt, was für eine Schweinerei das ist. Hoffentlich führt es dazu, dass die Arbeitsbedingungen besser werden und wir mehr darauf achten, wie Tiere gehalten und geschlachtet werden. Sind wirbereit, für ein gutes Stück Fleisch mehr auszugeben? Es mehr wertzuschätzen heißt auch, dass es nicht selbstverständlich jedes Mal zum Essen gehört, sondern wir es als etwas Besonderes genießen. Überhaupt wird deutlich, dass die Ausrichtung auf Effizienz uns in die Irre geführt hat. Wir sind dadurch zu abhängig geworden von Lieferketten, die in Krisenzeiten zusammenbrechen. Es darf nicht sein, dass lebenswichtige Medikamente aus Kostengründen nur noch in China oder Indien hergestellt werden. Wir dürfen nicht alles wegsparen, worauf wir in Krisenzeiten angewiesen sind.

 

Gilt das nicht auch für Glauben und Kirche? Wir haben in einem solchen Wohlstand mit übermäßig vielen Angeboten von Aktivitäten und Konsum gelebt, dass uns Gottesdienste ganz überflüssig vorkamen. Können wir die nicht auch wegsparen? Fällt das überhaupt auf, wenn wir die sang- und klanglos weglassen? Dann kam das Verbot, Gottesdienste zu feiern. Das brachte manchen neu ins Nachdenken, ob der Gottesdienst nicht doch eine sehr wesentliche Einrichtung ist. Immerhin treffen sich seit den Anfängen der Christenheit die Christen in ihren Orten Woche für Woche am Auferstehungstag Jesu, dem Sonntag, um Gottesdienst zu feiern. Nicht privat für sich, sondern öffentlich für jeden zugänglich. In der Gemeinschaft ist die Wirklichkeit Gottes ganz anders zu erfahren, so wie Jesus zugesagt hat: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Wir bringen zusammen die Nöte unserer Welt vor Gottes Angesicht. Wir feiern, dass Gottes Reich der Liebe, der Barmherzigkeit und Versöhnung schon ihren Anfang nahm. Wo sonst können wir dessen gewiss werden, dass Gottes Worte uns ewiges Leben eröffnen? Die Glocken läuten öffentlich – ein hörbares Zeichen dafür, dass der Ruf zu Gottesdienst und Gebet an alle geht, weil alle im Dorf unter Gottes gnädiger Herrschaft leben und auf ihn zugehen, ob sie etwas davon wissen oder nicht. Seit über 1000 Jahren versammeln sich die Christen in unseren Dörfern zum Gottesdienst. Es ist schön, dass wir das jetzt auch wieder dürfen – auch wenn die Einschränkungen weh tun, auf Abstand zu bleiben und nicht singen zu dürfen. Es ist meine Hoffnung, dass wir durch die Krisenzeit aus der Gottvergessenheit herauskommen und es ganz neu wertschätzen, miteinander Gottesdienst zu feiern. Lasst uns eine bewusste Entscheidung treffen, miteinander in den Spuren Jesu zu bleiben!

 Reinhard Vollmer

Mit Gott den Tag beschließen: eine Abendliturgie

 

Heilig bist DU, Ursprung der Welt.

Heilig bist DU, Ziel aller Wege.

Heilig bist DU, ewige Gegenwart.

                                          (von Jörg Zink)

 

WAS BETRÜBST DU DICH, MEINE SEELE,

UND BIST SO UNRUHIG IN MIR

HARRE AUF GOTT;

DENN ICH WERDE IHM NOCH DANKEN,

DASS ER MEINES ANGESICHTS HILFE UND MEIN GOTT IST.

                                                                      (Psalm 42,6)

 

Nichts beunruhige dich! Nichts ängstige dich!

Wer Gott hat, dem fehlt nichts.

Gott allein genügt!

                                           (von Teresa von Avila)

 

Meine Hoffnung und meine Freude,

meine Stärke, mein Licht

Christus, meine Zuversicht,

auf dich vertrau ich und fürcht` mich nicht,

auf dich vertrau ich und fürcht` mich nicht.

                                                           (aus Taizé)

 

Diesen Tag, HERR, habe ich von Dir empfangen.

Ich gebe ihn Dir zurück mit allem, was heute gewesen ist…

 

(Hier ist Raum für persönliches Erzählen mit Gott)

 

Vater unser im Himmel, …

 

ES SEGNE UND BEHÜTE UNS

DER ALLMÄCHTIGE UND BARMHERZIGE GOTT,

VATER, SOHN UND HEILIGER GEIST.

 

 (Hierbei kann ein Kreuzzeichen gemacht werden)

 

AMEN.